Lou entdeckt die Achtsamkeit: Zeitreisen für Anfänger – Elke Bauer | Eine Rezension

Hinweis: Dieses Buch ist im Spica‑Verlag erschienen. Ich habe die Autorin in meiner Schreibberatung beim Klappentext und ihrer Autorinnen‑Vita begleitet. Die folgende Rezension spiegelt ausschließlich meine persönliche Lektüre und unabhängige Einschätzung wider. [Werbung]

Ein Ratgeber und Kinderbuch, das Trost spendet und kreative Wege zeigt

Lou war einmal ein wildes, fröhliches Mädchen. Nach einem verletzenden Abzählspiel in der Schule verliert sie ihre Lebensfreude und zieht sich voller Traurigkeit und Angst in ihr Zimmer zurück. Sie grübelt, hat Angst vor dem neuen Schuljahr und weiß nicht, wie sie sich aus dieser „schwarzen Gewitterwolke” befreien soll. Erst die Begegnung mit der warmherzigen Elli bringt eine Wende: Die Heilpraktikerin erklärt Lou, dass Angst und Kummer sich aus gedachten Filmen im Kopf speisen und lädt sie ein, den Moment zu spüren. Zwischen Vergangenheit und Zukunft gebe es immer einen kleinen ruhigen Punkt: das Jetzt.

Mit kindgerechten Bildern und viel Humor führt Elli Lou zur Erkenntnis, dass ihre Gefühle an eine andere Zeit gebunden sind. Gemeinsam erschaffen sie mit dem „Zeitmaschinen‑Visualisierungs‑Manifestations‑Generator” eine farbenfrohe Zeitmaschine, mit der Lou per Fantasie in das Hier und Jetzt reist. Anschließend lädt das Buch junge Leser*innen zu einer Visualisierung ein und ermutigt sie, ihre eigene „Jetzt‑Zeitmaschine“ zu zeichnen und mit anderen zu teilen. Das macht das Buch zu mehr als einer Geschichte: Es ist Trostspender und Werkzeugkoffer zugleich, mit Hintergrundwissen und interaktivem Übungsteil.

Literarische Qualität

Sprache und Aufbau des Buchs sind sorgfältig gestaltet. Die erste Hälfte erzählt Lous Geschichte in fließender, empathischer Prosa. Die kindliche Perspektive wird durch lebendige Vergleiche greifbar. Aus der linearen Vergangenheitsform wechselt der Text immer wieder in die Gegenwart: Ein stilistisches Mittel, das die Kraft des „Jetzt” spürbar macht und die zentrale Botschaft – Achtsamkeit als Gegenwartserfahrung – auch formal trägt. Diese erzählerische Feinheit hebt das Buch von vielen Ratgebern ab und zeigt, dass Elke Bauer nicht nur Therapeutin, sondern auch Geschichtenerzählerin ist.

Besonders gelungen ist das Zusammenspiel von Text und Bild. Die Autorin illustrierte ihre Geschichte selbst während zahlreicher Reisen. Jede Zeichnung wirkt liebevoll, detailreich und unterstützt die Handlung, ohne sie zu überladen. Der Wechsel zwischen einfühlsamen Dialogen und erklärenden Passagen gelingt harmonisch; der Ton bleibt leicht, auch wenn schwere Themen angesprochen werden. Als Lektorin schätze ich die durchdachten Metaphern, die zeigen, wie sich abstrakte Konzepte in verständliche, kreative Bilder überführen lassen.

Psychologische Tiefe

Unter der verspielten Oberfläche verbirgt sich ein klug konzipiertes therapeutisches Konzept. Lou erlebt Mobbing und Angst. Das sind Gefühle, die viele Kinder kennen. Elli erklärt ihr behutsam, dass unser Gehirn in Zeitschleifen denkt und so immer wieder Schmerzen aus der Vergangenheit oder Sorgen über die Zukunft abruft; der ruhigste Ort liegt im Jetzt. Dieser Ansatz wird im zweiten Teil des Buchs, der sich ausdrücklich an Eltern und Fachkräfte richtet, wissenschaftlich eingeordnet: Elke Bauer verweist auf Buddha und Eckhart Tolle und beruft sich auf die Neurowissenschaftlerin Jill B. Taylor, deren Forschung die Rolle der linken und rechten Gehirnhälfte beschreibt. Die linke Hemisphäre produziert Gedanken über Vergangenheit und Zukunft und kann reaktive Gefühle wie Angst oder Wut auslösen, während die rechte Gegenwärtigkeit, Gelassenheit und Freude ermöglicht. Durch die wiederkehrende Zeitmaschinen‑Metapher lernt das Kind, mit einem „Jetzt‑Knopf“ in seine eigene Fantasiemaschine zu springen und damit Gedankenschleifen zu unterbrechen. Diese aktive Übung stärkt die Selbstwirksamkeit. Kinder erfahren, dass sie ihre Gefühle beeinflussen können und nicht hilflos ausgeliefert sind. Wie die Autorin aus ihrer Praxis berichtet, verlassen viele junge Teilnehmer die Visualisierung „gelöst, strahlend und voller Hoffnung“.

Gesellschaftliche Relevanz

Wir leben in einer Zeit, die von Krisen, Kriegen und pandemischem Stress geprägt ist. Auch Kinder spüren diese Unsicherheiten. Elke Bauer weiß aus über 25 Jahren Praxis als Heilpraktikerin, Psychotherapeutin und Coachin für Angst‑ und Traumatherapie, dass schon Grundschulkinder mit Ängsten kämpfen. Ihr Buch ist deshalb bewusst mehr als eine hübsche Erzählung: Es ist Ratgeber, Kinderbuch, Selbsthilfebuch und Coachingmethode in einem. Der Text richtet sich an Kinder ebenso wie an Eltern, Erzieher*innen und Fachkräfte aus Therapie und Pädagogik.

Die Autorin betont, dass unsere Kultur Kindern oft wenig Raum lässt, ihre Gefühle auszudrücken. Die Zeitmaschinen‑Methode entstand aus ihrer praktischen Arbeit und wird „mit einem liebevollen Augenzwinkern“ erklärt. Besonders bemerkenswert: Sie lädt Kinder ein, ihre gemalten Zeitmaschinen in einer Online‑Galerie zu teilen. Das schafft eine Community der Ermutigung und zeigt, dass jedes Kind seine eigene kreative Lösung finden kann. In einer Leistungsgesellschaft, die selten Pausen erlaubt, vermittelt das Buch einen bewussten Gegenentwurf: Es macht Achtsamkeit und emotionale Bildung zu einem spielerischen Bestandteil des Alltags.

Persönliche Wirkung

Lous Geschichte hat in mir Erinnerungen geweckt. An eigene Kindheitserlebnisse und an den Kloß im Hals, den verletzende Worte hinterlassen. Die Klarheit, mit der Elli Lou erklärt, dass Gedanken lediglich „Kopfkino“ sind und dass in jedem Moment ein kleines „Jetzt“ existiert, hat auch mich zum Innehalten angeregt. Während der Arbeit am Klappentext und der Autorinnen‑Vita durfte ich erleben, mit wie viel Liebe Elke Bauer jede Passage feilt. Ihre Expertise als Therapeutin und ihre kreative Erzählgabe verschmelzen zu einem Werk, das sowohl fachlich fundiert als auch poetisch ist.

Deshalb habe ich die Methode einfach selbst ausprobiert und meine eigene Zeitmaschine gebaut. Ich nutze meinen imaginären „Jetzt‑Knopf“ mittlerweile wie ein Mantra, um mich in stressigen Momenten zu sammeln. Ein Ratgeber und Kinderbuch, das Achtsamkeit auch in das Leben von Erwachsenen bringt: Das ist für mich großes Kino.


Quellenhinweise

Für diese Rezension wurden neben meiner eigenen Lektüre der Buchausgabe verschiedene öffentliche Quellen herangezogen. Hintergrundinformationen über die Handlung und die Zeitmaschinen‑Methode entstammen dem vorliegenden Buch. Angaben zu Elke Bauer und ihrem beruflichen Hintergrund stammen aus dem Produktporträt bei hugendubel.de und der Website elkebauer.net. Die Rezension basiert auf meiner persönlichen Lektüre und wurde unabhängig verfasst.

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