I'm Glad My Mom Died – Jennette McCurdy | Eine Rezension

Hinweis: Ich habe das Buch selbst gekauft. Es handelt
sich um eine persönliche Lektüreempfehlung ohne wirtschaftliche Verbindung zur
Autor*in oder zum Verlag. Aus rechtlichen Gründen kennzeichne ich den Beitrag
dennoch als Werbung.
Eine literarisch kluge, psychologisch tiefe und gesellschaftlich relevante Autobiografie
Jennette McCurdys Memoir I'm Glad My Mom Died („Ich freue mich, dass meine Mutter gestorben ist“) hat mich tief beeindruckt – literarisch wie emotional. Was auf den ersten Blick mit seinem provokanten Titel Aufsehen erregt, entpuppt sich als ein fein gebautes, klug erzähltes und zutiefst menschliches Buch über Missbrauch, Selbstentfremdung, Befreiung und Heilung. Und es ist mehr als ein persönliches Schicksal: Es ist ein Spiegel gesellschaftlicher Strukturen, in denen Kinder funktionieren müssen – koste es, was es wolle.
Literarische Qualität
Schon stilistisch zeigt sich, dass McCurdy nicht einfach nur ein „Promi-Buch“ geschrieben hat, sondern ein literarisch ernstzunehmendes Werk. Der Text ist klar strukturiert, erzählerisch stringent, mit einer starken, wiedererkennbaren Stimme. Ihre Sprache ist direkt, schnörkellos, durchzogen von einem trockenen Humor, der den Schrecken der Ereignisse in ein paradox tröstliches Licht taucht. Als Leser:in schwankt man ständig zwischen Lachen und Entsetzen – eine Wirkung, die McCurdy offenbar ganz bewusst erzeugt.
Das Buch gliedert sich in zwei große Teile – „Before“ und „After“ –, womit der Tod der Mutter als Zäsur in McCurdys Leben markiert wird. Die Kapitel sind episodenhaft, fast wie Miniaturen gebaut, aber sie greifen geschickt ineinander und ergeben eine dichte Chronologie emotionaler Entwicklung. Das alles liest sich mit literarischem Sog, aber nie effekthascherisch. Es ist ein Buch, das seiner Form ebenso vertraut wie seiner Wahrheit verpflichtet ist.
Das Buch gliedert sich in zwei große Teile – „Before“ und „After“ –, womit der Tod der Mutter als Zäsur in McCurdys Leben markiert wird. Die Kapitel sind episodenhaft, fast wie Miniaturen gebaut, aber sie greifen geschickt ineinander und ergeben eine dichte Chronologie emotionaler Entwicklung. Das alles liest sich mit literarischem Sog, aber nie effekthascherisch. Es ist ein Buch, das seiner Form ebenso vertraut wie seiner Wahrheit verpflichtet ist.
Psychologische Tiefe
Was mich besonders berührt hat, ist die seelische Tiefe, mit der McCurdy sich ihrer Vergangenheit nähert. Sie beschreibt eine Kindheit im Schatten einer manipulativen, kontrollsüchtigen Mutter, die das Leben ihrer Tochter bis ins Detail steuerte – von Karriereentscheidungen bis zur täglichen Kalorienzahl. Die Mutter duschte sie bis weit ins Teenageralter, untersuchte ihren Körper, bestimmte über Nahrung, Kleidung, Gefühle.
McCurdy schildert das mit einem klaren, reflektierten Blick – ohne Bitterkeit, aber auch ohne Beschönigung. Die Sätze sind nie auf Mitleid aus, sondern auf Aufrichtigkeit. Sie schreibt: „Meine Mutter hat mich emotional, mental und körperlich missbraucht – und mich damit für immer geprägt.“ Und doch bleibt sie nicht stehen bei der Anklage. Sie analysiert. Sie versucht zu verstehen, was Liebe ist – und was sie nicht ist. Ihre Botschaft: Liebe ist kein Vertrag auf Selbstaufgabe. Diese Entwicklung vom angepassten Kind zur selbstbestimmten Frau ist der eigentliche rote Faden des Buches – und wirkt in ihrer schlichten Wahrhaftigkeit noch lange nach.
McCurdy schildert das mit einem klaren, reflektierten Blick – ohne Bitterkeit, aber auch ohne Beschönigung. Die Sätze sind nie auf Mitleid aus, sondern auf Aufrichtigkeit. Sie schreibt: „Meine Mutter hat mich emotional, mental und körperlich missbraucht – und mich damit für immer geprägt.“ Und doch bleibt sie nicht stehen bei der Anklage. Sie analysiert. Sie versucht zu verstehen, was Liebe ist – und was sie nicht ist. Ihre Botschaft: Liebe ist kein Vertrag auf Selbstaufgabe. Diese Entwicklung vom angepassten Kind zur selbstbestimmten Frau ist der eigentliche rote Faden des Buches – und wirkt in ihrer schlichten Wahrhaftigkeit noch lange nach.
Gesellschaftliche Relevanz
Was McCurdy erzählt, betrifft nicht nur sie selbst. Ihr Buch ist eine kritische Auseinandersetzung mit elterlicher Macht, mit dem Kult der Mutterschaft, mit den Erwartungen an weibliche Gehorsamkeit – und mit der Unterhaltungsindustrie, die junge Menschen systematisch ausbeutet. McCurdy war Kinderstar bei Nickelodeon. Hinter den Kulissen, so berichtet sie, war sie krank, überfordert, unterdrückt. Sie erhielt – so lässt sie durchblicken – sogar Schweigegeld, um nicht über Übergriffe zu sprechen, lehnte dieses aber ab. Diese Passagen machen klar: Was hier erzählt wird, ist kein Einzelfall, sondern ein Systemfehler.
Das Buch thematisiert auch Essstörungen, Angstzustände, Alkoholmissbrauch – all das eingebettet in ein Netz familiärer, gesellschaftlicher und beruflicher Überforderung. Es ist ein wichtiger Beitrag zur Diskussion über psychische Gesundheit, kindliche Selbstbestimmung und die unheilvolle Verquickung von Ruhm und Kontrolle. Die Tatsache, dass McCurdy das alles mit schonungsloser Offenheit erzählt, macht das Buch zu einem kulturellen Statement. Es geht um Sichtbarkeit. Um Aufklärung. Und um Selbstermächtigung.
Das Buch thematisiert auch Essstörungen, Angstzustände, Alkoholmissbrauch – all das eingebettet in ein Netz familiärer, gesellschaftlicher und beruflicher Überforderung. Es ist ein wichtiger Beitrag zur Diskussion über psychische Gesundheit, kindliche Selbstbestimmung und die unheilvolle Verquickung von Ruhm und Kontrolle. Die Tatsache, dass McCurdy das alles mit schonungsloser Offenheit erzählt, macht das Buch zu einem kulturellen Statement. Es geht um Sichtbarkeit. Um Aufklärung. Und um Selbstermächtigung.
Persönliche Wirkung
Ich habe dieses Buch nicht einfach nur gelesen – ich habe es durchlebt. Manche Passagen haben mich erschüttert, andere haben mir den Atem geraubt. Und dann wieder war ich gerührt, erleichtert, sogar inspiriert. Die ehrlichste Literatur ist die, die einem erlaubt, eigene Erfahrungen zu reflektieren – und genau das schafft I'm Glad My Mom Died. Es stellt Fragen, die jeder Mensch kennt: Wer darf über mein Leben bestimmen? Was bedeutet es, sich von der eigenen Familie zu emanzipieren? Und: Wie findet man die eigene Stimme – gegen all das, was sie jahrelang zum Verstummen bringen wollte?
Als Lektorin sehe ich in diesem Buch ein Beispiel dafür, wie kraftvoll eine persönliche Geschichte werden kann, wenn sie literarisch verdichtet und emotional ehrlich erzählt ist. Und als Autorin habe ich selten eine so kluge Verbindung von Humor und Trauma erlebt. Jennette McCurdy gelingt etwas Seltenes: Sie schreibt über das Schlimmste, was ihr widerfahren ist, ohne Selbstmitleid, aber mit Mitgefühl – für sich selbst und für all jene, die ähnliches erlebt haben.
Am Ende bleibt ein Gefühl von Aufbruch. Dieses Buch befreit nicht nur die Erzählerin, sondern auch die Leser:innen. Es ist ein Manifest dafür, dass Selbstermächtigung nicht durch Schreien, sondern durch Erzählen geschieht. Und dass Wahrheit – so schmerzhaft sie ist – manchmal der erste Schritt in ein eigenes Leben sein kann.
Als Lektorin sehe ich in diesem Buch ein Beispiel dafür, wie kraftvoll eine persönliche Geschichte werden kann, wenn sie literarisch verdichtet und emotional ehrlich erzählt ist. Und als Autorin habe ich selten eine so kluge Verbindung von Humor und Trauma erlebt. Jennette McCurdy gelingt etwas Seltenes: Sie schreibt über das Schlimmste, was ihr widerfahren ist, ohne Selbstmitleid, aber mit Mitgefühl – für sich selbst und für all jene, die ähnliches erlebt haben.
Am Ende bleibt ein Gefühl von Aufbruch. Dieses Buch befreit nicht nur die Erzählerin, sondern auch die Leser:innen. Es ist ein Manifest dafür, dass Selbstermächtigung nicht durch Schreien, sondern durch Erzählen geschieht. Und dass Wahrheit – so schmerzhaft sie ist – manchmal der erste Schritt in ein eigenes Leben sein kann.
Quellenhinweis:
Diese Rezension basiert auf der Lektüre des Buches I'm Glad My Mom Died von Jennette McCurdy sowie auf ergänzenden Informationen aus Interviews und Rezensionen u. a. aus der New York Times, Publishers Weekly, Kirkus Reviews, Spiegel, Süddeutsche Zeitung und verschiedenen englischsprachigen Podcasts mit der Autorin.
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